Viele Menschen wünschen sich wirkungsvollen Klimaschutz. Aber zur Wahrheit gehört auch: Menschen wünschen sich noch viel mehr, dass die Preise nicht steigen. Wer glaubt, dass die zur Defossilisierung unserer Wirtschaft notwendige Transformation aufwands- bzw. kostenneutral vonstattengehen kann, der belügt sich selbst. Die für den Umbau notwendigen Kosten werden von der Industrie selbstverständlich auf die Produkte umgelegt, und an uns Endverbraucher weitergereicht. Der Interessenkonflikt zwischen Klimaschutz und egoistischen Partikularinteressen ist vorprogrammiert, denn die Bereitschaft für das Gemeinwohl sinnvolle Maßnahmen zu akzeptieren endet oft dann, wenn dies eigene Interessen konterkariert. Die Bereitschaft zu prosozialem Verhalten beschränkt sich meist auf die eigene Familie bzw. die nähere Sozialgruppe.
Darüber hinaus finden ordnungsrechtliche Verbote und Zwänge kaum eine gesellschaftliche Akzeptanz oder politische Mehrheit. Die wenigsten Menschen stellen zwar das Klimaziel in Frage, viele allerdings den Weg dorthin. Eine Regierung die ernsthaft Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen versucht, begeht also automatisch politischen Selbstmord. Denn sobald die persönliche Komfortzone der Bürger bzw. deren Portemonnaies betroffen ist, schwindet die Bereitschaft für Maßnahmen signifikant. Und sind die Proteste innerhalb der Bevölkerung (oder auch von Seiten der Opposition) erst einmal groß genug, werden beschlossene Gesetze wieder zurückgenommen oder bis zur Bedeutungslosigkeit verwässert. Ein Teufelskreis zwischen dem Wunsch die globale Erwärmung auf ein habitables Maß zu begrenzen, der Diffusion von Verantwortung, und egoistischen Interessenskonflikten.
Die Quadratur des Kreises scheint leichter zu bewerkstelligen
Dieser Artikel will aufzeigen wie aussichtslos die systemimmanente Verflechtung von Politik und Wirtschaft, und wie groß der generelle Widerspruch zwischen den Partikularinteressen der Bürger und der Notwendigkeit für schnelles Handeln im Sinne des Klimaschutzes ist. Dies soll nicht als Kritik an den politisch Handelnden sein, denn dies steckt einfach in der DNA unseres demokratischen Systems. Robert Habeck hat eine Aufgabe zu lösen, die der Quadratur des Kreises ebenbürtig ist. Denn im gegenwärtigen System sind die politischen Handlungsoptionen bzgl. der zu lösenden Aufgabe „Emissionsreduktion um das Klimaziel einzuhalten“ innerhalb Deutschlands ähnlich chancenlos wie auch auf europäischer Ebene.
Egal was die Regierung versucht umzusetzen, irgendjemandem tritt sie immer aufs Füßchen, bzw. irgendjemandes Pfründe sind immer betroffen. Es fehlt die große Ehrlichkeit- dass niemand einen Plan hat uns aus dem Dilemma herauszuholen.
Letztendlich gewinnt immer das Geld
Robert Habeck brachte es kürzlich in einem Interview mit Caren Miosga ungewöhnlich offen auf den Punkt:
Die ökonomische Lage in Deutschland ist eng. Überdies ist die Steuerlast für viele Unternehmen höher als im internationalen Vergleich. Wir haben eine Investitionsschwäche, so dass es eigentlich helfen würde Steuern so zu senken, dass wieder mehr investiert wird. Deshalb tritt zum 1. März das Wachstumschancengesetz in Kraft. Es soll uns auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wirtschaft weiter voranbringen, und die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken. Insgesamt hat das Wachstumschancengesetz für die Wirtschaft ein jährliches Entlastungspotenzial von rund 8 Milliarden Euro bis 2028. Die Gesamtlast der Unternehmen ausreichend zu senken würde jedoch 30 Mrd. jährlich kosten. Wir diskutieren jetzt „nur“ über 8 Mrd. und haben damit schon Probleme. Habeck führte aus: „Wir stehen nicht nur ökonomisch unter Druck, wir stehen auch demokratisch unter Druck. Das zeigen beispielsweise die großen Demonstrationen. Dennoch reden demokratische Parteien oft nicht konstruktiv miteinander - aus parteitaktischen Gründen.“
Wo aber soll all das Geld herkommen. Habeck will ein neues "Sondervermögen" schaffen, Lindner hingegen will sparen und die Schuldenbremse einhalten. Sparen heißt aber: man kürzt - man nimmt irgendwo/irgendjemandem etwas weg. Aktuell ist es vor allem der Agrardiesel gewesen - mit ca. 450 Mio. Einsparpotential ein Bruchteil dessen was gebraucht wird (450 Mio. vs. 30 Mrd.). „Es ist fraglich, ob die demokratische Politik dies aushält“ – so Habeck.
Der Parteitag ist wichtiger als das Land
Der eine kettet sich an der Schuldenbremse fest, der andere will sie lockern. Der eine will Schulden machen, der andere will sparen. Wo soll es da einen Kompromiss geben? Sicher wäre es für einen Teil des Parlamentes ganz leicht zu sagen: Wir erhöhen die Steuern. Es ist aber ausgeschlossen dafür eine Mehrheit zu finden - schon innerhalb der Koalition. Es würde für einen anderen Teil im Parlament ganz leicht sein zu sagen: wir kürzen die Renten. Es ist jedoch auch dafür ausgeschlossen eine Mehrheit zu finden. Ein Teil wird vielleicht sagen: kürzt bei diesen oder jenen Leistungen. Ein anderer Teil wird sagen: macht das Fliegen teurer. Es ist ausgeschlossen dafür Mehrheiten zu finden, die für das benötigte Volumen reichen. Es schließt sich alles Mögliche gegenseitig aus. „Aber dann ist es so, dass wir das was eigentlich notwendig ist, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft aufrecht zu erhalten, nicht erreichen. Das kann man ja nur finden, wenn man glaubt: Der Parteitag ist wichtiger als das Land, und das ist nicht befriedigend“ – so Habeck. Da können wir nicht stehenbleiben. Die Schwierigkeit ist, das demokratisch hinzukriegen. Wir müssen alle Regeln hinterfragen - auch Vorschriften bei Emissionen. Wir reden darüber, wie das Land in einer hochkompetitiven Situation bestehen kann, jedoch gewinnt letztendlich immer das Geld.
too litle and too late
Wir leben in extrem fordernden Zeiten. Die Regierung versucht unter großem Zeitdruck Lösungen zu finden, und findet sie doch nicht - im Sinne des Klimaschutzes. Denn Politik muss auch so handeln, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie nicht gefährdet ist – gerade im internationalen Kontext.
Beispiel Stahlunternehmen: Durch die gegenwärtige Wirtschaftspolitik ist keine Wettbewerbsfähigkeit gegeben ggü. anderen Ländern, weil wir in Deutschland viel zu hohe Energiepreise haben. In der Übergangsphase hin zu grüner Energie haben wir einen Strompreis, der international nicht wettbewerbsfähig ist. Strom oder Gas ist im Vergleich zu anderen Ländern teurer - auch weil wir eine CO2-Abgabe bezahlen, die es in anderen Ländern Europas gar nicht gibt. Und es gibt noch nicht mal genügend grünen Strom, das heißt wir zahlen eine Abgabe für einen Umstieg auf den wir aber nicht umsteigen können.
Gewünscht sind klare Vorgaben, weniger Regulation, mehr Planungssicherheit.
"Es wäre schön, wenn man wenigstens schon das Licht
am Ende des Tunnels der Klimakrise sehen könnte, aber momentan
sieht man noch nicht mal den Tunnel."
Das systemische Problem lässt sich nur durch einen Systemwandel lösen
Die Politik befindet sich in einem Teufelskreis aus dem sie nicht herausfindet – nicht herausfinden kann. Es gibt für alles gute Gründe warum die Regierung genau so handelt - was jedoch fehlt ist eine nachhaltige systemische Lösung, um ihren wichtigen gesellschaftlichen Auftrag „Klimaschutz“ zu erfüllen.
Wenn überhaupt irgendeine klimapolitische Methode die Chance hat mehrheitsfähig zu werden, dann muss sie nicht nur dazu in der Lage sein die erforderliche Emissionsreduktion schnell und effektiv zu bewirken, sie muss darüber hinaus auch außerordentlich gerecht funktionieren. Beispielsweise indem sie das bisherige Funktionsprinzip der Klimapolitik auf den Kopf stellt, und den Emissionshandel komplett auf die Bürgerebene verlagert:
Ein Ansatz, der jedem einzelnen Bürger exakt das gleiche CO2-Budget zur Verfügung stellt, um damit den individuellen CO2-Konsum zu bezahlen. Ein für jeden gleiches ökologisches Grundeinkommen mittels einer komplementären Klimawährung ECO (Earth Carbon Obligation) setzt so die erforderlichen ökologischen Leitplanken, innerhalb derer sich jeder frei bewegen kann, und selbst darüber entscheidet wie er Klimaschutz in sein Leben integriert – und nicht ob!
Ein solches Konzept kommt ganz ohne zusätzliche ordnungsrechtliche Verteuerungen aus, wie dies beispielsweise beim EU-ETS oder der CO2-Steuer der Fall ist. Solche Maßnahmen, die überwiegend auf zusätzliche Verteuerungen setzen, werden zurecht als ungerecht empfunden, da sie einkommensschwächere Haushalte überproportional belasten.
Auch um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie zu verbessern, muss die zusätzliche Verteuerung entfallen. Denn das Ziel muss es auch sein, energieintensive Unternehmen im Land zu halten, und „Carbon Leakage“ zu verhindern. Der Transformationsduck zur Defossilisierung sollte von kontingentierten persönlichen Emissionsbudgets ausgehen.
Durch den marktwirtschaftlichen Ansatz der Klimawährung ECO kommen automatisch die am besten geeigneten Methoden bzw. effizientesten Techniken zur Anwendung, die mit dem geringsten finanziellen Aufwand die meiste Emissionsreduktion bewirken. Sie löst das dringliche Problem, nationale Interessen mit globalen Notwendigkeiten zu verknüpfen – ganz ohne der Notwendigkeit oft unpopuläre politische Maßnahmen umzusetzen und deren Einhaltung kontrollieren zu müssen.
Wie solch ein Modell initial auf EU-Ebene eingeführt werden könnte, beschreibt die gemeinnützige Organisation für nachhaltige Ökonomie SaveClimate.Earth mit ihrer „Exit-Strategie Klimawährung ECO“ (Oekom Verlag, 2023).
Dies ist ein Beitrag des Blogs ECOlogisch der Klimaschutz NPO Saveclimate.Earth - Organisation für nachhaltige Ökonomie.